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220723

(2018) Handbuch Pragmatismus, Stuttgart, Metzler.

Kultur

Michael Räber

pp. 94-100

Der Begriff Kultur wird im Alltag wie auch in den Kulturwissenschaften in mannigfachen Bedeutungen verwendet. Angesichts dieser Ausgangslage scheint es angezeigt, von Kulturbegriffen im Plural anstatt von einem singulären Kulturbegriff zu sprechen. Einfachheitshalber wird der Begriff im Folgenden dennoch im Singular verwendet. Ungeachtet dieser Bedeutungsvielfalt können zwei grundlegend verschiedene Verständnisse des Kulturbegriffs unterschieden werden, wie sie seit dem 19. Jahrhundert in Verwendung sind. Kultur im ersten Sinne bezieht sich auf die Herstellung und Wertschätzung von akademischem Wissen und schönen Künsten. Für diesen ersten Sinn von Kultur steht exemplarisch im Kontext der im 19. Jahrhundert aufkommenden Begriffsverwendung Matthew Arnolds Kulturtheorie. Arnold wurde so rezipiert, dass er eine Definition von Kultur vorschlägt, die Kultur idealistisch als elitäres Unterfangen versteht, Produkte hervorzubringen, die primär den wenigen begünstigten Gebildeten und Begüterten zugänglich sind (Arnold 2015). Diesem elitären Kulturverständnis steht ein zweites, anthropologisches Verständnis von Kultur zur Seite, das Arnolds Zeitgenosse Edward B. Tylor (Tylor 1994) formuliert hat: Kultur wird hier in einer weiten, ethnographisch-anthropologischen Bedeutung als das komplexe Ganze von Wissen, Glauben, Künsten, Moralvorstellungen, Gesetzen, Bräuchen und allen weiteren Fähigkeiten und Gewohnheiten verstanden, die Menschen als Mitglieder von Gesellschaften hervorbringen und sich aneignen. Sowohl im klassischen Pragmatismus wie auch bei einigen zeitgenössischen Neopragmatisten, ebenso überhaupt in den Geistes- und Sozialwissenschaften des 20. Jahrhunderts und der bis heute aktuellen in den Kulturwissenschaften, wird der Kulturbegriff hauptsächlich in diesem zweiten, anthropologischen Sinne verwendet.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-04557-7_13

Full citation:

Räber, M. (2018)., Kultur, in M. Festl (Hrsg.), Handbuch Pragmatismus, Stuttgart, Metzler, pp. 94-100.

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