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218157

(2012) Konstruktion und Geltung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Eine rekonstruktive Dekonstruktion des Konstruktivismus

Joachim Renn

pp. 19-42

Es kann in den Kultur- und Sozialwissenschaften als ausgemacht gelten, dass jede Beschreibung von äußeren Tatsachen und sozialen Realitäten durch einen ‚Beobachter" einen selektiven Charakter hat. Diese Einsicht unterstützt die (anderweitig) begründeten Zweifel an der Möglichkeit objektiver und alternativloser Repräsentation sozialer Sachverhalte (Rorty 1989: 5 ff.). Eine soziologische Quelle dieser Skepsis besteht in der Generalisierung des wissenssoziologischen Ideologieverdachts über die Schwelle der Selbstreferentialität hinweg (Mannheim 1995; Luhmann 1995). Die beunruhigende Reflexion, dass jedes Wissen über sozial etabliertes Wissen selbst ein sozial etabliertes und damit begrenztes, unvollkommenes Wissen sei, stürzt allzu optimistische Objektivitätsansprüche der Sozial- und Kulturwissenschaften in eine Krise. Vom Standpunkt einer konsequenten Selbstanwendung ‚relationierender" Bindung jedes Wissens an die kontingente Lage des Trägers jenes Wissens erscheint eine traditionelle Ideologiekritik selbst ideologisch. Wahres Wissen wird Wissen relativ zur Lage – ob dies nun die Lage des hegemonialen Lagers oder diejenige der Kritiker sei – so dass (derzeit) die einzige effektive Wahrheitstheorie der Soziologie in der deskriptiven Delegation von Geltungsdefinitionen an soziale Wahrheitszuschreibungen besteht.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-93441-9_2

Full citation:

Renn, J. (2012)., Eine rekonstruktive Dekonstruktion des Konstruktivismus, in J. Renn, C. Ernst & P. Isenböck (Hrsg.), Konstruktion und Geltung, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 19-42.

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