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215713

(2014) Uexküll, Dordrecht, Springer.

Nachwort

Florian Mildenberger, Bernd Herrmann

pp. 261-330

Warum soll man ein Buch wieder zugänglich machen, das nach seiner Erstauflage 1909 nur noch in leicht veränderter, definitiver Fassung 1921 erschien? Weil das Buch der Blickrichtung der modernen organismischen Biologie einen entscheidenden Impuls gab. Und weil es häufiger zitiert als gelesen wird, nicht nur, weil selbst Universitätsbibliotheken nicht regelhaft beide Ausgaben dieses Buches im Bestand verzeichnen. Die meisten im Buch mitgeteilten Beobachtungen zu einzelnen Tierarten oder physiologischen Vorgängen hat der wissenschaftliche Fortschritt in den vergangenen 100 Jahren ergänzt, präzisiert oder berichtigt. Diese Details werden nur noch historisch interessierte Tiergruppenspezialisten anziehen. Aber bereits die Zeitgenossen Uexkülls beeindruckte seine Art der philosophischen Bewältigung zoologischer Grundprobleme. Das lebende tierliche Objekt durch Beobachtung und gedankliche Arbeit zu begreifen, anstatt es zu töten und seinem Charakter ausschließlich durch die Zergliederung und ihre Varianten nahe zu kommen, war zwar nicht neu, aber kein wissenschaftlicher Zeitgenosse außer Uexküll erhob diese Vorgehensweise so konsequent zur Maxime seines wissenschaftlichen Handelns. Deshalb ist das Buch auch ein bedeutendes Zeugnis einer wissenschaftlicher Einstellung, die gerade in der Zeit molekularer Detailbegeisterung der gegenwärtigen Biologie die praktizierenden Wissenschaftler daran erinnern könnte, dass die Zoologie ihrer wissenschaftlichen Abstammung nach eine legitime Tochter der Philosophie ist. Zwar kommen in Uexkülls Text anstelle aristotelischer Gedanken vor allem solche des Königsberger Philosophen zum Ausdruck, aber es bleibt unübersehbar, dass die überdauerungswerten Passagen des Buches philosophische Texte oder zumindest philosophisch angereicherte Texte sind.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-642-41700-9_4

Full citation:

Mildenberger, F. , Herrmann, B. (2014)., Nachwort, in F. Mildenberger & B. Herrmann (Hrsg.), Uexküll, Dordrecht, Springer, pp. 261-330.

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