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191029

(2002) Georg Simmel und Max Weber, Dordrecht, Springer.

Aspekte des modernen Kulturlebens

Duk-Yung Kim

pp. 257-359

Eines der bleibenden Verdienste von Georg Simmel ist der Versuch, den vielfältigen Erscheinungen des modernen Kulturlebens theoretisch Ausdruck zu verleihen, und zwar mit Hilfe der verschiedenen Betrachtungs- und Darstellungskategorien — soziologisch, ästhetisch oder philosophisch -, ohne aber eine systematisch geschlossene Theorie der Moderne entwickelt zu haben. Gerade aus diesem Grunde wird sein gesamtes Werk als eine Phänomenologie der Moderne bezeichnet, eine Theorie also, in der verschiedene Aspekte der modernen Lebenserfahrung zum Ausdruck kommen: Sozialgruppe, Geld, Religion, Kunst, Kunstgewerbe, Lebensstil, Arbeit, Liebe, Schmuck, Mode und Großstadt. All diese Aspekte weisen dennoch keineswegs äußere und oberflächliche, ja unwesentliche Seiten der Moderne auf, sie sind vielmehr gerade Ausdrücke des pulsierenden Lebens in der Moderne. Denn das Wesen der modernen Welt besteht gerade in der Auflösung des Substantiell-Ewigen ins Fließende und Flüchtige und im pluralistischen Erfahrungs- und Lebenshorizont. Sie stellen die Physiognomie der Moderne dar und Georg Simmel läßt sich seinerseits als einen genuinen Archäologen der Moderne kennzeichnen, an den sich der heutige Diskurs der Moderne wohl anknüpfen kann.1 Auch bei Max Weber werden verschiedene Aspekte des modernen Kulturlebens im Hinblick auf ihre strukturellen Eigenschaften und ihre historischen Entstehungsbedingungen sowie Entwicklungsprozesse thematisiert und behandelt. Ähnlich wie Simmel geht Weber davon aus, daß der Kapitalismus "die schicksalsvollste Macht" des modernen Lebens ist.2 Außerdem hat er sich intensiv mit den Problemen der Lebensführung des modernen Menschen, Religion, Kunst und Arbeit beschäftigt. Darüber hinaus erklärte Weber auch auf dem ersten deutschen Soziologentag das moderne Vereinswesen und Zeitungswesen als wichtige Objekte der soziologischen Analyse. Ferner geht Weber kulturgeschichtlich der okzidentalen Stadt im Hinblick auf die Entwicklung der rationalen modernen Kultur nach und vergißt damit einhergehend auch nicht, die Bedeutung der Großstadt für das moderne Kulturleben zu betonen. Man kann also in gewisser Hinsicht von einer Strukturphänomenologie der Moderne bei Max Weber sprechen. Gemeinsam ist Simmel und Weber dabei, daß im Zentrum ihrer Phänomenologie der Moderne eben der moderne Mensch und sein Schicksal stehen. Beide unterscheiden sich auf der anderen Seite jedoch in dem Punkt, daß diese zwei wichtigen Theoretiker der Moderne die Bedeutung und Funktion des jeweiligen Aspekts der modernen Kultur für den Menschen und sein Schicksal unterschiedlich einschätzen. Deutlich gezeigt werden kann dies am Beispiel der Verarbeitung der Religion, des ästhetischen Lebens und der Arbeit.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-10146-8_4

Full citation:

Kim, D. (2002). Aspekte des modernen Kulturlebens, in Georg Simmel und Max Weber, Dordrecht, Springer, pp. 257-359.

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