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191029

(2002) Georg Simmel und Max Weber, Dordrecht, Springer.

Einleitung Von "Marx oder Weber" zu "Simmel oder Weber"

Duk-Yung Kim

pp. 11-32

Bei der Soziologiegeschichtsschreibung und bei der Forschung zur soziologischen Theorie steht Max Weber im Zentrum. Dies ist allein schon an der kaum überschaubaren Sekundärliteratur abzulesen. Die Hauptströmungen der bisherigen Weberrezeption lassen sich zu den folgenden drei Themenkomplexen zusammenfassen: Erstens betrachtet man den Kapitalismus als Webers zentrales Erkenntnisinteresse. Die Webersche Soziologie sei ein Versuch, die Entstehung und Entwicklung des okzidentalen Kapitalismus verstehend zu erklären, wodurch sein wissenschaftliches Interesse allmählich zum größeren Thema des okzidentalen Rationalismus übergegangen sei; damit in engem Zusammenhang steht zweitens der Vergleich mit Karl Marx. Danach stelle das gerade Gesagte das Resultat von Webers Bemühung dar, die methodologische sowie inhaltliche Enge und Grenze der materialistischen Kapitalismustheorie zu überwinden; drittens sucht man den Geburtsort der Weberschen Soziologie im Neukantianismus und sogar im Kantianismus. Aufgewachsen sei Webers eigene Soziologie zum größten Teil im Geist des Neukantianismus und des Kantianismus, indem diese Philosophietradition ihm eine andere Denkmöglichkeit als diejenige vermittelt habe, die Marx einer über die Junghegelianer zu Hegel zurückgehenden philosophischen Überlegung abgewonnen habe. Je nach ihrem spezifischen Erkenntnisziel vertreten die einzelnen Stränge der Weberforschung eine der oben genannten Thesen; zugespitzt: je nach Autor entstehen Versuche, aus diesen drei Themenkomplexen die Entwicklungsgeschichte von Webers soziologischem Forschungsprogramm, dessen theoretisch-methodologische Aspekte sowie dessen mögliche praktische Implikationen zu beschreiben.1 Eng verknüpft damit ist auch nicht selten die weltanschauliche Intention, beide Klassiker gegeneinander auszuspielen. Nicht übertrieben ist es also, die Diskussion um die Webersche Soziologie als marxianisierend-(neu)kantianisch zu charakterisieren. Es besteht freilich gar kein Zweifel, daß diese Interpretationsrichtung zum einen die soziologietheoretische Diskussion bereichert und zum anderen wichtige geistesgeschichtliche Zusammenhänge der Soziologieentwicklung ans Licht gebracht hat.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-663-10146-8_1

Full citation:

Kim, D. (2002). Einleitung Von "Marx oder Weber" zu "Simmel oder Weber", in Georg Simmel und Max Weber, Dordrecht, Springer, pp. 11-32.

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