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208818

(1995) Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler.

Lyrische Verfahren Lyrik, Gedicht und poetische Sprache

Rudolf Helmstetter

pp. 27-42

Angesichts der Geschichtlichkeit des Lyrikbegriffs und der historischen und typologischen Vielfalt textueller Erscheinungsformen — die unterschiedlichen Vers- und Strophenbauformen, Sprechweisen, Gattungen und Gedichtarten — kann Lyrik nicht eindeutig definiert und gegen andere literarische Sprachverwendungen abgegrenzt werden. »Man sollte den Versuch gänzlich aufgeben, die allgemeine Natur der Lyrik oder des Lyrischen bestimmmen zu wollen« (Wellek 1972, 124). Solche allgemeinen Bestimmungen führten meist nur dazu, daß ein besonderer Typ lyrischer Texte als ideal- und prototypisch betrachtet und normativ ausgezeichnet wurde. Noch heute erwarten viele bei Lyrik etwas »Lyrisches« im Sinne einer »Empfindungsweise« (Staiger), eine bestimmte Gefühlsqualität, einen Vorzugsbereich von Inhalten (Stimmung, Innerlichkeit, Natur etc.), der durch das Nadelöhr der lyrischen Subjektivität gegangen ist (→ Subjektivität in der Lyrik: ›Erlebnis und Dichtung‹, ›lyrisches Ich‹, S. 299). Eine solche Kanonisierung einer partialen Spielart von Lyrik blendet die weiten Felder der gefühllosen, der sprachspielerischen, manieristischen, der barocken und modernen Gedichte aus, wertet die Gebrauchs- und Nonsense-Lyrik ab und blok-kiert den Zugang zu solchen Texten. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes (»Gesang zur Leier«) wird heute von Liedermachern und Songwritern realisiert (»lyrics«).

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-476-03544-8_4

Full citation:

Helmstetter, R. (1995)., Lyrische Verfahren Lyrik, Gedicht und poetische Sprache, in M. Pechlivanos, S. Rieger, W. Struck & M. Weitz (Hrsg.), Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler, pp. 27-42.

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