Repository | Book | Chapter

204811

(2013) Heimatschichten, Dordrecht, Springer.

Heimat. Kein Ort. Nirgends.

Beate Mitzscherlich

pp. 47-67

Der hölzerne Giebel einer Scheune. Ein Vordach – früh am Morgen weiß mit Reif bedeckt, wie die Zweige der Bäume. Im Geäst gelegentlich eine einzelne Meise. Dächer, die mit grauem Schiefer gedeckt sind. Im Hintergrund, kaum zu erkennen im Nebel, ein Kirchturm. Abends um sechs läutet eine Glocke, die Kirche ist im Winter verschlossen, nur zum Friedhof kann man durch eine kleine Pforte gehen. Viel Grau, etwas Weiß, kaum Grün. Ein leerer Raum mit großen Fenstern. Hier ist nicht meine Heimat. Die wenigen Menschen, die ich beim Spazieren gehen treffe, grüßen freundlich, aber reserviert. Sie kennen mich nicht. Ich bin hier fremd. Fremd genug, um ungestört über Heimat nachdenken zu können. Heimat ist in der deutschen Sprache ein Einzahlwort. Es ist nicht vorgesehen, das man mehr als eine Heimat hat, vielleicht sehr verschiedene, vielleicht gar keine, vielleicht keinen Ort.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-658-04740-5_2

Full citation:

Mitzscherlich, B. (2013)., Heimat. Kein Ort. Nirgends., in J. Klose (Hrsg.), Heimatschichten, Dordrecht, Springer, pp. 47-67.

This document is unfortunately not available for download at the moment.