Repository | Book | Chapter

199753

(2016) Wissenschaft und Praxis, Dordrecht, Springer.

Wiener Gefühle

Fragen der Ethik zwischen Schlick und Carnap

Massimo Ferrari

pp. 5-28

Der Logische Empirismus, eine der einflussreichsten philosophischen Strömungen des XX. Jahrhunderts, hat einen bedeutenden Beitrag zur Entstehung der Analytischen Philosophie und dem so genannten „linguistic turn“ geleistet. Seine philosophische Entwicklung wird in der üblichen und auch in der neuerdings stark modifizierten geschichtlich-systematischen Sicht meistens durch seine wissenschaftliche Weltauffassung charakterisiert, sowie durch seine interne Debatte über das Verifikationsprinzip und die verschiedenen Deutungen der Protokollsätze, die wissenschaftlichen Theorien und sprachlichen Sätze zugrunde liegen. Doch der Wiener Kreis war nicht nur am Rande daran interessiert, Ethik und moralische Gefühle eingehend zu analysieren. Moritz Schlick, dessen philosophische Anfänge nicht zufällig mit seinem Jugendwerk zur Lebensweisheit zusammenfällt, hat sich in seiner gesamten intellektuellen Entwicklung mit Ethik beschäftigt und eine eudämonistische, gegen Kant sowie gegen die Wertphilosophie orientierte, auf einer psychologischen Analyse des menschlichen Verhaltens gegründete Auffassung von Moral ausgearbeitet, wie sein spätes Buch zu „Fragen der Ethik“ gut belegt. Seinerseits hat auch Rudolf Carnap die „praktischen Fragen“ in ihrem Gegensatz zur wissenschaftlichen Erkenntnis thematisiert und in verschiedenen Passagen seines Oeuvres, auch während seiner späten amerikanischen Zeit, eine deutlich nicht kognitivistische Ethik klar dargelegt. Betrachtet man noch die „Felicitologie“ Otto Neuraths und das politisch-ethische Engagement der wissenschaftlichen Weltauffassung überhaupt, so kann man sagen, dass in Wien auch über Gefühle, Lust an der Erkenntnis, Leben und Werte heftig diskutiert wurde. Davon ausgehend kann man die Konturen eines neuen Bildes des Logischen Empirismus zeichnen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-319-22366-7_1

Full citation:

Ferrari, M. (2016)., Wiener Gefühle: Fragen der Ethik zwischen Schlick und Carnap, in C. Bonnet & E. Nemeth (Hrsg.), Wissenschaft und Praxis, Dordrecht, Springer, pp. 5-28.

This document is unfortunately not available for download at the moment.