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Die Furcht vor Provokationen und der "Schutz" des Kongresses durch das Ministerium für Staatssicherheit

Wolfgang Schönpflug, Gerd Lüer

pp. 213-230

Der Staat der DDR war – wie der gesamte Ostblock – stets heftiger Kritik aus dem westlichen Ausland, jedoch auch aus dem eigenen Land ausgesetzt. Beklagt wurden vornehmlich die Verletzungen von Menschenrechten und die Verweigerung demokratischer Freiheiten, Militarisierung und Bürokratisierung, eine rücksichtslose Industrialisierung auf Kosten der Umwelt, Mängel in der Versorgung mit Konsumgütern und Medikamenten. Angesichts vielfältiger Kritik barg ein Treffen von mehreren tausend Wissenschaftlern aus aller Welt – davon etwa die Hälfte aus dem nichtsozialistischen Ausland – aus der Sicht von Partei und Regierung erhebliche Risiken. Sie fürchteten, der XXII. Internationale Kongress für Psychologie 1980 könnte als öffentliches Podium für Anschuldigungen gegen die DDR und ihre Bundesgenossen genutzt werden; von dem Kongress ausgehende Appelle könnten zur Destabilisierung im eigenen Land beitragen. In der Überzeugung, der Leipziger Kongress sei durch Übernahme seiner Leitung durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen zu einem Staatsunternehmen der DDR geworden (s. Kapitel 3, S. 86), wandelte sich die Vorstellung von der Gefährdung des Staates durch den Kongress zur Idee der Gefährdung des Kongresses selbst. Der Staat sah sich somit zum "Schutz" des Kongresses berufen.

Publication details

DOI: 10.1007/978-3-531-93057-2_7

Full citation:

Schönpflug, W. , Lüer, G. (2011). Die Furcht vor Provokationen und der "Schutz" des Kongresses durch das Ministerium für Staatssicherheit, in Psychologie in der Deutschen demokratischen Republik: Wissenschaft zwischen Ideologie und Pragmatismus, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, pp. 213-230.

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